Die Geschichte der Ortsbürgergemeinde
Seit der Kantonsgründung von 1803 besteht ein Dualismus zwischen der Politischen Gemeinde
und der Ortsgemeinde. Die letztere umfasst nur die in der Politischen Gemeinde ansässigen
Gossauer Bürger.
Als Spezialgemeinde umfasst die Ortsgemeinde personell nur einen besondern
Teil der Einwohner. Die Ortsbürger waren bei der Kantonsgründung nicht bereit, ihr Eigentum
an den gemeinsamen Gütern auf die übrigen Einwohner der Gemeinde zu übertragen und den daraus
resultierenden Bürgernutzen mit ihnen zu teilen. Sie verwalteten ihre Güter stets selbständig.
In der Aufgabenausscheidung mit den Politischen Gemeinden verblieb den Ortsbürgern einerseits
das Recht, das Gemeindebürgerrecht zu verleihen, und andererseits hatten sie aber die Armenlasten
der Ortsbürger, mit Wohnsitz innerhalb und ausserhalb ihres Gemeindegebietes, zu tragen.
Die Ortsbürger von Gossau haben nie viele Güter besessen. Um nicht eine eigene Armensteuer erheben
zu müssen, übergaben sie noch im 19. Jahrhundert das Armenwesen der Politischen Gemeinde. Mit
dem Neubau des Bürgerheim Espels (1934) ging auch das Eigentum des ganzen Landwirtschaftsbetriebs
samt allen Gebäuden auf die Politische Gemeinde über. So begrenzte sich die Aufgabe der Ortsbürger
auf die Erteilung des Gemeinde-Bürgerrechts (das von der Bürgerversammlung der Politischen
Gemeinde zu genehmigen ist) und die Verwaltung eines Fonds, welcher der Lehrlingsausbildung dient.
In den letzten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts haben die Ortsbürger neue Initiativen entwickelt.
So wurde das Einbürgerungsverfahren verfeinert und durch Aktionen die Einbürgerung von ansässigen
Schweizer Bürgern gefördert. Weitere Bemühungen, die gesellschaftliche Bedeutung zu stärken, zeigten
sich in der Durchführung eines Tages der Begegnung der auswärtigen und ansässigen Ortsbürger
anlässlich des 700-Jahr-Jubliäums der Eidgenossenschaft im Jahre 1991. In die gleiche Richtung
zielte die ideelle und finanzielle Förderung der Stiftung zum "Schwarzen Adler", die Mitbeteiligung
an der Volksbibliothek und die Schaffung eines eigenen Kulturfonds der Ortsbürger.
Mit Inkrafttreten der neuen Verfassung des Kantons St.Gallen vom 10. Juni 2001 ist die Erteilung
des Gemeinde-Bürgerrechts von der Ortsgemeinde an die Politische Gemeinde bzw. an das Stadtparlament
auf Antrag eines Einbürgerungsrates übergegangen, wobei in diesem Rat zwei Vertreter des
Ortsverwaltungsrates Einsitz nehmen.
Quelle: Buch "Gossau im 20. Jahrhundert – vom Dorf zur Stadtgemeinde", Herausgeber Urs Josef Cavelti, 2003
Die Ortsbürgerpräsidenten seit 1850
Amtsdauer | Ortsbürgerpräsident |
1850 – 1852 | Müller-Gall Anton, Seifenfabrikant |
1851 – 1853 | Lehmann Johann, Neudorf |
1853 – 1859 | Helfenberger Bendedikt, Kirchenpräsident |
1859 – 1862 | Schwizer J. Anton, Niederdorf |
1862 – 1863 | Elser Johann Baptist |
1864 – 1867 | Bernet Josef Anton, Mettendorf |
1867 – 1870 | Elser Josef Anton, Gemeinderat, Niederdorf |
1873 – 1876 | Lehmann Johann, a. Gemeindeammann |
1876 – 1882 | Häfele Johann Martin, Gerichtsschreiber |
1882 – 1921 | Högger Johann Josef, Gemeindeammann, Kantonsrichter |
1921 – 1932 | Staub-Müller Josef Othmar, Bankdirektor |
1932 – 1934 | Fürer-Braegger Jakob, Dr. jur., Rechtsanwalt, Gemeindeammann |
1935 – 1942 | Fürer-Staub Carl, Bankprokurist |
1942 – 1948 | Helfenberger Emil, Buchdruckereibesitzer |
1948 – 1960 | Bossart Jacques, Dr. jur., Rechtsanwalt, Gemeindeammann |
1960 – 1972 | Staub-Bossart Werner, Bankdirektor |
1973 – 2000 | Fürer-Zoller Alex K., Unternehmer |
2001 – 2008 | Staub-Fallegger Leo, Dr. jur., Rechtsanwalt |
2009 – 2020 | Berger-Cantieni Matthias, Betr. oek. FHW |
seit 2020 | Contratto Sandro, Unternehmer |